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Ausgezeichnet in der Kategorie Design: Apparatu

Foto von Xavier Mañosa, bei der Arbeit in seinem Studio Apparatu
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Respected by Gaggenau 2021

Von Tom Parker Bowles
Man steht mit offenem Mund da und sagt 'Was?', sagt Gaggenau Chefdesigner Sven Baacke über das spanische Keramikstudio Apparatu. "Aber im besten Sinne." Er lacht. Man kann mit Sicherheit sagen, dass Baacke, der auch Mitglied des globalen Kuratoriums für Respected by Gaggenau ist, ein großer Fan ist. "Ständig machen sie etwas Neues", fährt er fort, "und ich finde es gut, dass man sie nicht in eine exakte Kategorie einordnen kann."

Denn obwohl Apparatu, das von Xavier Mañosa und seiner Familie gegründet wurde und seinen Sitz in der Nähe von Barcelona hat, an verschiedenen Projekten arbeitet und alles von Vasen und Gefäßen bis hin zu Lampenschirmen und Geschirr herstellt, ist das Studio vor allem für seine Vorliebe für unregelmäßige Formen und Texturen bekannt. Und Mañosas Verwendung von Materialien wird normalerweise nicht mit traditioneller Keramik in Verbindung gebracht.

Film über das Keramikstudio Apparatu mit Xavier Mañosa

"Apparatu ist ein Designstudio, eine Keramikwerkstatt und ein Familienunternehmen, das Objekte herstellt, die zwischen der Welt des Handwerks, der Industrie und der Kunst angesiedelt sind", sagt Isabel Martínez-Cosentino, die Inhaberin von Cosentino City Barcelona und Kuratorin für Respected by Gaggenau. Sie hat das Unternehmen nominiert und ist nicht nur eine begeisterte Anhängerin, sondern hat in der Vergangenheit bereits mit ihm zusammengearbeitet. "Apparatu arbeitet an einem neuen dekorativen Konzept auf der Basis von Keramik, in einigen Fällen kombiniert mit anderen Materialien", sagt sie, "und mit technologischen Innovationen. Sie stellen in Handarbeit Keramik für die Küche und den Essbereich her, mit einer persönlichen Note für jedes einzelne Objekt."

Apparatu führt auch Auftragsarbeiten für Unternehmen wie Nike, Alessi und Hermès aus und hat auf zeitgenössischen Designfestivals in der ganzen Welt ausgestellt, von Frankfurt bis Tokio, London bis New York. Ihr Studio ist ein kreatives Zentrum, in dem die traditionelle Kunst des Töpferns auf radikal moderne Verfahren und Materialien trifft. Das ergibt auch Sinn, wenn man bedenkt, dass Mañosa studierter Industriedesigner ist. Seine Eltern sind traditionelle Töpfer, und er wuchs inmitten von Ton, Glasuren und Öfen auf. "Als meine Eltern anfingen", sagt er, "machten sie sehr dekorative Keramik." Dass er Industriedesign studiert hat - wo sich alles um Massenproduktion, Technologie und oft automatisierte Replikation dreht -, könnte also als ein Akt des Trotzes gesehen werden, als ein Weg, auszubrechen und seinen eigenen Namen und Stil zu etablieren.

Foto eines blauen Keramik-Kunstobjekts
"Ständig machen sie etwas Neues, und ich finde es gut, dass man sie nicht in eine exakte Kategorie einordnen kann."

Sven Baacke, Gaggenau Chefdesigner, Gaggenau

Während seines Industriedesign-Studiums an der Llotja-Hochschule in Barcelona half Mañosa weiterhin im elterlichen Atelier aus, gibt aber zu, dass er sich zu dieser Zeit nicht sehr für Keramik interessierte. Nach seinem Abschluss zog er nach Berlin, wo er in einem Hausprojekt in Kreuzberg wohnte, ein kleines Töpferatelier einrichtete und kleine Stücke herstellte, die er auf dem Flohmarkt am Boxhagener Platz verkaufte. Dann baten ihn seine Eltern, ein paar Stücke für eine Messe anzufertigen, also reiste er zurück nach Hause, um dort zu arbeiten, da sein Berliner Atelier ziemlich "primitiv" war. Dann machte er immer mehr und schließlich wurden ein paar seiner Werke für eine Ausstellung in London angenommen. "Es waren ein Keramikkegel, eine dreidimensionale Vasen-Tafel, ein Wasserballon dabei - alles Experimente, Readymades, kleine Scherze."

Fotocollage von Xavier Mañosa, bei der Arbeit in seinem Studio Apparatu

Auf der Londoner Ausstellung beschloss er, eine Website einzurichten. "Ich enschied mich für Apparatu, zusammengesetzt aus dem deutschen Wort 'Apparat' und dem katalanischen 'aparatu'. Der Name ist eine Symbiose aus schlecht geschriebenem Katalanisch und schlecht gesprochenem Deutsch. So wurde Apparatu geboren, aus dem Bedürfnis heraus, meine Projekte zu organisieren und eine Website einzurichten, um einen dauerhaften Raum für meine Objekte zu schaffen." Bald verbrachte er mehr Zeit in Barcelona als in Berlin und beschloss, für immer zurück nach Hause zu ziehen.

Die Rückkehr ins elterliche Atelier hätte schwierig werden können, denn er war fest entschlossen, die Dinge auf seine Art zu machen. "Ich habe gesagt, dass eines klar sein muss: Wir können zusammen arbeiten, aber dann gehen wir in dieselbe Richtung. Sie ließen mich machen, was ich wollte, sagten aber immer: 'Kannst du nicht einfach etwas Verkaufbares machen?' und 'Ist es zu viel verlangt, dass du etwas kreierst, das jemand kaufen will!'" Er lächelt. "Aber ich fühle mich frei. Sie vertrauen mir, und das ist in einem Familienunternehmen nicht immer so." Er hat das Gefühl, dass sie sehr gut zusammenarbeiten und dass sein Engagement gezeigt hat, "wie wichtig es ist, ein Unternehmen aus einem Guss zu sein, Stücke zu produzieren, die sich aufeinander beziehen, die einen roten Faden haben."

Foto von Xavier Mañosa, bei der Arbeit in seinem Studio Apparatu

Mañosa glaubt nicht, dass traditionelle Töpferei und Industriedesign einander ausschließen. "Technologie ist ein Werkzeug, etwas, das schon immer da war. Man braucht Werkzeuge, um zu arbeiten. Es mag wie etwas erscheinen, das weit vom Handwerk entfernt ist, aber in Wirklichkeit ist es ein Teil davon. Bei der Technologie habe ich das Gefühl, dass sie etwas ist, das ich brauche, etwas, das meine natürlichen Fähigkeiten verbessert, das zu tun, was ich will." Dennoch liebt er auch das Handwerk und sucht stets in der Vergangenheit nach Inspiration. "Ich nähere mich einer bestimmten Technik an und denke, sie sei neu. Dann stellt man fest, dass das schon vor 2000 Jahren gemacht wurde. Es ist manchmal gut, sich die Vergangenheit anzuschauen, um zu erkennen, dass man nicht viel Neues entdeckt."

Tatsächlich fasziniert Mañosa der Punkt, an dem altmodisches Handwerk auf moderne Technologie trifft. "Ich interessiere mich sehr für die Herstellung als solche, sowohl industriell als auch handwerklich. Für mich ist beides dasselbe, und es gibt keinen romantischeren Teil in dem einen oder dem anderen. Ich würde sagen, sie sind sich sehr, sehr ähnlich." Das fasziniert auch Sven Baacke. "Das Beeindruckende an Apparatu", sagt er, "ist, dass sie die Möglichkeiten der Verwendung von Ton für Designzwecke voll ausreizen, aber auch Traditionen und Geschichte respektieren, was zu Keramik mit Authentizität führt.“

Fotocollage von Apparatu-Stücken

Die Mischung aus modernsten und traditionellen Methoden wird deutlich, wenn man sich seine Arbeiten ansieht. Die "Pleat Box"-Lampenkollektion, die in Zusammenarbeit mit dem Leuchtenhersteller Marset entstand, ist exquisit fließend und ähnelt eher einem Stoff als einer Keramik. Und er verwendet digitale Technologie, um sie zu entwerfen, während er Formen, die mit flüssigem Ton gefüllt sind, einsetzt, um sie tatsächlich zu konstruieren. Das Endergebnis ist eine natürliche, nahtlose Verschmelzung von traditionellem Handwerk und Industriedesign.

Viele beschreiben Apparatu als "experimentell". Und Mañosa stimmt dem zu, wenn auch unter Vorbehalt. "Es fühlt sich ein bisschen unangenehm an, ja zu sagen, weil es ein bisschen prätentiös klingt. Aber ich habe das Gefühl, dass wir experimentieren müssen. Wir sind sehr daran interessiert zu verstehen, was wir in jedem Projekt erreichen können."

Das ist eine weitere Eigenschaft, die Baacke an Apparatu so faszinierend findet. "Es ist die Art, wie sie mit dem Material umgehen. Die Stücke sind sehr speziell. Ich weiß nicht einmal, ob sie schön sind, ich weiß nicht, was sie sind, und genau das inspiriert mich." Mañosa experimentiert ständig und weigert sich, die vermeintlichen Zwänge seines Mediums zu akzeptieren. "Das bedeutet, dass wir verschiedene Prozesse, verschiedene Materialien in verschiedenen Kategorien der Keramik ausprobieren. Wir gehen eine Menge Risiken ein und machen gleichzeitig eine Menge Fehler, wissen viel von allem, bleiben offen, legen uns nicht auf eine bestimmte Richtung oder einen bestimmten Stil fest."

Foto von Menschen, die im Apparatu-Studio arbeiten
Weitwinkel-Ansicht des Apparatu-Ateliers mit Hunderten von Werken in Regalen.
Foto von Keramikstücken in der Produktion

Dann sind da noch die Glasuren. "Das ist eine große Sache in der Keramik", sagt Mañosa. Er spricht über Josep Llorens i Artigas, den berühmten spanischen Keramiker, der für seine Arbeit mit Miró bekannt ist. "Er war ein großer Alchimist in Bezug auf Glasur und Keramik. Und sein Buch mit dem Titel Formulario y Prácticas de Cerámica ist verrückt, mit etwa 1000 Rezepturen für verschiedene Glasuren. Ich versuche, es zu enträtseln, was gar nicht so einfach ist. Er gibt nicht einmal Farben an. Die Glasuren sind so instabil, dass am Ende vielleicht etwas ganz anderes herauskommt, selbst wenn man die Formel besitzt."

Es ist diese Experimentierfreudigkeit, die Besessenheit von jedem Detail, die Verschmelzung von Tradition und Technologie und die Weigerung, sich an die üblichen vermeintlichen Zwänge zu halten, mit der Apparatu aus der stark besetzten Respected by Gaggenau Design-Shortlist herausstach. Selbst diejenigen, die wenig Erfahrung in der Welt des Designs haben, konnten die Innovation, die Intelligenz, die Schönheit und die Inspiration erkennen. "Ich denke, bei Apparatu geht es um Trennung", sagt Sven Baacke, "und den schmalen Grat zwischen dem gelegentlichen Nichtwissen, was sie tun, und ungewöhnlichen Dingen, die aus dem Studio kommen. Und um eine sehr traditionelle, alte Art der Herstellung."

"Das ist ein interessanter Ansatz innerhalb eines Familienunternehmens im Spannungsfeld von Kunst, Design, Handwerkskunst und moderner innovativer Technik - mit sehr überraschenden und inspirierenden Ergebnissen."

Sven Baacke, Mitglied des globalen Kuratoriums für Respected by Gaggenau

Dem stimmt Martínez-Cosentino zu. "Apparatu hat bereits mehrfach mit Cosentino zusammengearbeitet und dabei außergewöhnliche Ergebnisse erzielt. Bei dem Projekt Dektonclay haben sie das Konzept der Küche erforscht und eine Kollektion von Stücken geschaffen, die Küche und Esszimmer durch ein einziges Material zusammenbringen. Bei Dektonhenge arbeitete Apparatu Hand in Hand mit der technischen Abteilung von Cosentino und schaffte es, den Dekton durch keramische Prozesse zu transformieren. Ihre Arbeit spiegelt die Werte von Gaggenau in Bezug auf Qualitätsstandards, ungewöhnliche Herangehensweise, Material als Produktidentität und Kommunikationsfähigkeit perfekt wider."

Mañosa gibt sich bewundernswert bescheiden, wenn es um den Erfolg von Apparatu geht. "Ich möchte versuchen, Produkte herzustellen, die einfach, zugänglich, funktional und gut gemacht sind." Auf die Frage, was die Auszeichnung "Respected by Gaggenau" für ihn bedeutet, denkt er einen Moment nach. "Wir haben uns nicht selbst bei dieser Initiative beworben. Das macht es umso mehr zu etwas Besonderem. Es bedeutet mir und meinen Eltern etwas und gab mir ein gutes Gefühl im Bauch und im Kopf, das mich berührt und, na ja, glücklich gemacht hat. Wie cool ist das denn? Es ist einfach schön, dass du zu uns gekommen bist und gesagt hast, dass das, was wir gemacht haben, euch wirklich gefällt." Wir wissen noch nicht, was als nächstes von Apparatu kommt, aber garantiert wird es alles andere als langweilig sein.

Weinkultur: Elías López Montero

Kulinarik: Salumi Bettella